Artikel vom 
Mai 15, 2023

Therapieende: Wie geht's weiter?

Lesedauer 4 Minuten

Das Therapieende ist ein großer Schritt, der mit vielen unterschiedlichen Gefühlen einhergehen kann: Auf der einen Seite kannst du stolz auf dich sein, wie weit du gekommen bist und wie viel du über dich gelernt hast. Andererseits gibt es in dieser Übergangszeit sicherlich auch Gefühle wie Unsicherheit, Aufregung und Angst, da du nun wieder auf dich allein gestellt bist. Es ist normal, unterschiedliche Gefühle zu haben, wenn etwas vorbei geht: Eine Zeit, eine Routine, eine Beziehung oder auch eine Therapie. Meistens verabschiedet man sich schließlich mit “einem lachenden und einem weinenden Auge”. Aber wie kannst du damit umgehen? Was kannst du nach Abschluss deiner Psychotherapie tun, um dein psychisches Wohlbefinden aufrechtzuerhalten? In diesem Artikel möchten wir dir unterschiedliche Möglichkeiten zeigen, wie es nach dem Ende der Psychotherapie für dich weitergehen kann.

Warum ist es sinnvoll, dass meine Therapie ein Ende nimmt?

Selbst eine sehr gut laufende, wunderbar funktionierende Therapie sollte irgendwann zum Ende kommen, da du ansonsten das Ziel deiner Therapie verfehlen würdest. Denn im Prinzip ist das Ziel einer Psychotherapie, ohne die Therapie zurechtzukommen.

Wenn du eine Psychotherapie beginnst, verspürst du einen gewissen Leidensdruck und kommst mit einem bestimmten Anliegen. Du und dein:e Therapeut:in schließen an der Stelle ein Arbeitsbündnis und erarbeiten gemeinsam einen Auftrag. Dieser könnte zum Beispiel darin liegen, einen Umgang mit deinen Ängsten zu finden und sie schrittweise abzubauen. Schließlich erarbeitet ihr konkrete Verhaltensziele, beispielsweise bei Ängsten vor Bahnfahrten, wieder 3x die Woche mit der Bahn zur Arbeit zu fahren. Zunächst übst du diese Situationen gemeinsam mit deinem oder deiner Therapeut:in, bist du schließlich alleine übst. Das Ziel dabei ist es, dass sich dein Wunschverhalten eingestellt hat und sich die Ängste gelegt haben. 

Das heißt, in einer Psychotherapie gibt es immer einen konkreten Auftrag, welcher mit einem bestimmten Ziel verbunden ist. Ist dieses Ziel erreicht, ist es wichtig, dich von der Therapie zu lösen, um dein Vertrauen in deine Fähigkeiten, Probleme selbstständig bewältigen zu können, zu stärken.

Würdest du die Therapie ewig fortführen, könntest du anfangen, dich von deinem oder deiner Therapeut:in abhängig zu fühlen und die Annahme entwickeln “es alleine nicht hinzukriegen”. Doch das Ziel ist, Veränderungen im Denken und Verhalten anzustoßen. Du lernst in der Therapie Werkzeuge kennen und übst, diese anzuwenden. Dadurch kannst du sie am Ende eigenständig nutzen. Du wirst mehr Selbstvertrauen haben, deine Probleme ohne therapeutische Hilfe bewältigen können, dich unabhängig fühlen und dich selbst weiterentwickeln können.

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Worauf kann ich nach dem Therapieende selber achten? 

Stelle dich deinen Ängsten

…üben, üben, üben! Denn Übung macht den Meister!

Sicher hast du in deiner Therapie bereits viel geübt und einige neue Fertigkeiten erlernt. Damit diese nicht einschlafen und du sie aufrecht erhältst, ist das Wichtigste, worauf du nach Beendigung deiner Psychotherapie achten kannst, weiterhin zu üben! Insbesondere bei Angststörungen, welche fast immer mit Vermeidungsverhalten einhergehen (z.B. die Vermeidung von Vorträgen oder öffentlichem Sprechen bei der sozialen Phobie) ist es wichtig, weiterhin gezielt jene Situationen aufzusuchen, die eine Angst hervorrufen oder hervorgerufen haben und dich deinen Ängsten fortlaufend zu stellen, um nicht in die Vermeidung zu rutschen, welche bekanntlich zur Aufrechterhaltung der Angststörungen beiträgt. 

Selbstfürsorge

Auch, wenn du mittlerweile gut mit deinen Ängsten umgehen kannst, bist du vielleicht nicht in jeder Lebenssituation so belastbar wie andere. Daher ist es weiterhin wichtig, eine gute Selbstfürsorge zu betreiben, also auf einen gesunden Lebensstil und ausreichend Zeit für dich zu achten. So wie Menschen mit chronischen Rückenschmerzen auf genügend Bewegung achten sollten, gibt es auch gewisse Dinge, auf die du besonders achten solltest, darunter fallen:

  • ausreichend Schlaf
  • genug Zeit für Pausen/ Entspannung
  • soziale Kontakte, die dir guttun
  • regelmäßige Bewegung
  • genügend Wasser trinken
  • kein Substanzmissbrauch 
  • eine ausgewogene Ernährung
  • regelmäßige Einnahme verschriebener Medikamente

Werte

Überlege dir außerdem, wie du dein Leben entsprechend deiner eigenen Werte gestalten kannst. Führst du ein Leben, das dir wichtig, sinnvoll und wertvoll erscheint? Verhältst du dich in einer Weise, für die du in irgendeiner Form Belohnung erfährst und die dich gut fühlen lässt? Schau, dass du dir realistische Ziele setzt, die mit deinen Werten übereinstimmen und gut realisierbar sind.

Was kann ich tun, wenn es mir wieder schlecht geht?

Erkennen von Rückfällen und Frühwarnzeichen

Hierbei kommt das Stichwort Rückfallprophylaxe ins Spiel. Dabei geht es darum, eine Art Psycho-TÜV durchzuführen, genauso wie beim Auto.

Vielleicht hast du in deiner Therapie bereits deine persönlichen Frühwarnzeichen analysiert. Frühwarnzeichen sind erste psychische und körperliche Anzeichen, die dir signalisieren, dass etwas nicht stimmt. Sie sind wie die Warnleuchten im Auto, die wir so gerne mal ignorieren, wenn wir schnell ans Ziel kommen wollen. Das kann jedoch dazu führen, dass der Motor explodiert oder das Auto für eine längere Zeit in die Werkstatt muss. Wäre es dann nicht klüger, doch schon eher auf die Warnlampen zu achten, um größere Schäden zu verhindern?

Auch, wenn uns unsere Frühwarnzeichen häufig nerven, sollten wir nie vergessen, dass sie eine durchaus gute und hilfreiche Funktion haben: Sie wollen uns schützen und uns darauf aufmerksam machen, etwas zu verändern. Typische Frühwarnzeichen können sein:

  • Kopf-, Magen- oder Rückenschmerzen
  • Verspannungen
  • Zähneknirschen
  • Schlafstörungen
  • Schwäche und Müdigkeit
  • Gereiztheit und Stimmungsschwankungen bis hin zu Wut
  • Dünnhäutigkeit, schnell den Tränen nahe sein
  • Spürbare Antriebslosigkeit
  • Gleichgültigkeit
  • vermehrtes Grübeln oder Sorgen
  • …und vieles mehr!

Die Symptome können dann gewisse Verhaltensweisen begünstigen, die sich bei dir unter Stress und Belastungssituationen typischerweise einstellen, wie z.B. sozialer Rückzug, aber auch ein Stürzen in Verabredungen und Aktivitäten, was zu noch mehr Stress führt, keine Pausen machen, ein stark ausgeprägtes perfektionistisches Verhalten, das Aufgeben von Sport und einer gesunden Ernährung etc. Merkst du, dass du 1-2 Frühwarnzeichen wahrnimmst, ist das vielleicht noch nichts besonders Besorgniserregendes. Aber sind fast alle deiner persönlichen Frühwarnzeichen aktiv und fällst du in gewisse alte Muster und ungünstige Verhaltensweisen, solltest du versuchen, eben diese abzubauen, mehr Selbstfürsorge zu betreiben und mehr Verhaltensweisen in deinen Alltag zu integrieren, die dir persönlich gut tun: z.B. zum Yoga gehen, ein heißes Bad nehmen, eine Freundin anrufen, einen langen Spaziergang machen, eine Runde Sport etc. Solltest du damit allein nicht gut zurechtkommen, spricht nichts dagegen, dich wieder bei deiner oder deinem Therapeute:in zu melden.

* Achtung: Geht es um die Beobachtung der persönlichen Frühwarnzeichen ist es wichtig, sich mit der Selbstbeobachtung nicht allzu verrückt zu machen. Manchmal handelt es sich um ganz normale Stressreaktionen, die nichts mit Krankheit zu tun haben, von vorübergehender Dauer sind und keine unmittelbare Reaktion benötigen.

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Friederike Schubbert

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