Lesedauer 7 Minuten Woran du eine Angststörung erkennst, welche typischen Symptome es gibt und was du gegen Angststörungen tun kannst, erfährst du hier.
Die Welt scheint manchmal ein Ort voller Unsicherheiten und Sorgen zu sein. Wir leben in einer Zeit, in der täglich neue Schlagzeilen von politischen Konflikten, wirtschaftlichen Unsicherheiten und globalen Krisen geprägt sind. Es ist daher kaum verwunderlich, dass die meisten Menschen aktuell mit Ängsten und Sorgen konfrontiert werden und Zukunftsängste zum häufigen Alltagsbegleiter werden. Doch während einige Menschen berechtigte Ängste haben, entwickeln andere eine starke Ängstlichkeit, die ihr Leben zu beherrschen scheint. Was passiert, wenn deine Ängste außer Kontrolle geraten und dein tägliches Leben dominieren? Während einige Menschen einen Umgang mit aktuellen instabilen und unsicheren Situationen und Ereignissen finden, rutschen andere in eine Phase erhöhter Ängste und entwickeln möglicherweise eine Angst- oder Zwangsstörungen. Eine Form dieser Störungen ist die generalisierte Angststörung (GAS), bei der die Sorgen das Leben der Betroffenen beherrschen und sie in einem Zustand ständiger Angst gefangen halten.
„Was, wenn ich beim Vortrag einen wichtigen Fehler mache… mein Chef wird mich verachten und was, wenn ich dann keinen neuen Job finde. Meine Freunde sind auch genervt von mir, weil ich mich nicht bei ihnen melde. Oh Gott, ich werde total einsam alt. Wenn ich krank werde, wird sich niemand um mich kümmern. Und dann werd ich früher sterben!”
Eine generalisierte Angststörung ist eine psychische Erkrankung, die immer mehr Menschen betrifft. Statistiken zeigen, dass 4,3% der Menschen im Laufe ihres Lebens eine generalisierte Angststörung erleben. Die generalisierte Angststörung ist durch anhaltende und übermäßige Sorgen gekennzeichnet, die sich auf nahezu alle Aspekte des Lebens beziehen können. Die Inhalte dieser Sorgen sind dabei oft unspezifisch und können mit Themen wie Gesundheit, Arbeit, Beziehungen, Kindern und Familie, Freundschaften, Finanzen und dem Weltgeschehen zusammenhängen. Menschen mit generalisierter Angststörung haben Schwierigkeiten, ihre Sorgen zu kontrollieren und sich von ihnen zu lösen. Und dennoch wird gleichzeitig kaum eine der belastenden Sorgen „zu Ende gedacht“.
Angststörungen werden durch Vermeidungsverhalten aufrechterhalten. Wenn du zum Beispiel Angst davor hast, Bekannten in der Öffentlichkeit zu begegnen, fühlst du dich wahrscheinlich wohler, Lebensmittel online zu bestellen, anstatt in den Supermarkt zu gehen. Dann vermeidest du mögliche Situationen, in denen du Bekannte treffen könntest und „wiegst dich in Sicherheit“. Gleichzeitig befeuerst du damit aber deine Angst und Gedanken wie „Rausgehen ist gefährlich! Zum Glück bin ich zuhause geblieben, hier geht es mir gut“. Du kannst also nicht lernen, deine Angst zu überwinden und neue Erfahrungen zu machen. Auch bei der generalisierte Angststörung spielt das Vermeidungsverhalten eine Rolle. Hast du eine Ahnung wie?
Typischerweise vermeiden Betroffene der generalisierten Angststörung es, eine einzelne Sorge „zu Ende zu denken“. Die konkrete Vorstellung des „Katastrophenszenarios“ wird als so furchtbar bewertet, dass Betroffene dazu neigen, ihre Sorgen nicht richtig zu betrachten, „nur kurz hinzuschauen“ und dann zur nächsten Sorge „zu springen“, zum Beispiel: “Was, wenn ich beim Vortrag einen wichtigen Fehler mache… mein Chef wird mich hassen und was, wenn ich dann keinen neuen Job finde. Meine Freunde hassen mich auch, weil ich mich nicht bei ihnen melde. Oh Gott, ich werde total einsam alt. Wenn ich krank werde, wird sich niemand um mich kümmern. Und dann werd ich früher sterben!”
Das Springen in den Sorgen verhindert die Möglichkeit, einen konkreten Handlungsplan zu entwickeln. Man verwehrt sich die Chance, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu gewinnen: Indem du deine Ängste aktiv betrachtest und durchdenkst, kannst du erkennen, dass viele der befürchteten Katastrophenszenarien unwahrscheinlich sind (z.B. “wenn ich einen Fehler mache, wird sich das kurz unangenehm anfühlen, aber mein Chef mich nicht gleich hassen und mich nicht kündigen”). Dies ermöglicht es dir, dich besser mit den möglichen Problemen auseinanderzusetzen und dir gewisse Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen. In der Therapie wird daher oft daran gearbeitet, einen konkreten Lösungsplan zu entwickeln, um den Teufelskreis der Ängste zu durchbrechen.
Menschen mit generalisierter Angststörung leiden unter einem enormen Leidensdruck, da ihre Sorgen nahezu alle Bereiche ihres täglichen Lebens beeinflussen. Die Angst breitet sich typischerweise immer weiter aus und beeinträchtigt das emotionale Wohlbefinden der Betroffenen.
Typische kognitive Symptome sind:
Emotionale Symptome umfassen:
Körperliche Symptome können ebenfalls auftreten, wie:
Die Ursachen einer generalisierten Angststörung können vielfältig und von Person zu Person unterschiedlich sein. Genetische Faktoren spielen eine Rolle, da Menschen, deren Familienmitglieder ebenfalls an generalisierter Angststörung leiden, anfälliger dafür sein können. Geerbt wird jedoch nicht die Störung selbst, sondern die Veranlagung zur Störung: Die Forschung schätzt, dass der genetische Einfluss etwa 30% zur Entwicklung der generalisierten Angststörung beitragen kann. Auch chemische Ungleichgewichte im Gehirn, insbesondere im Bereich der Neurotransmitter, können eine Rolle spielen. Ein wichtiger Neurotransmitter in diesem Zusammenhang ist Gamma-Aminobuttersäure (GABA). GABA ist ein inhibitorischer Neurotransmitter, der beruhigende und entspannende Effekte hat. Bei Menschen mit generalisierter Angststörung kann es zu einer verminderten GABA-Funktion kommen. Dies bedeutet, dass die Hemmung von Angst und Stress im Gehirn beeinträchtigt sein kann, was zu einer erhöhten Anfälligkeit für Angstzustände führt. Selbstverständlich spielt nicht nur die Biologie eine Rolle - auch Lebensereignisse und chronischer Stress, wie traumatische Erlebnisse, belastende Beziehungen oder beruflicher Druck, können eine generalisierte Angststörung auslösen oder verschlimmern.
Die Behandlung einer generalisierten Angststörung umfasst in der Regel psychotherapeutische Maßnahmen sowie in einigen Fällen eine medikamentöse Behandlung.
Die Verhaltenstherapie hat sich als wirksam erwiesen, um Betroffenen dabei zu helfen, ihre Ängste zu erkennen, zu verstehen und bewusst damit umzugehen. Innerhalb der Verhaltenstherapie gibt es spezifische Ansätze wie die Sorgenkonfrontation, bei der Betroffene sich auf eine Sorge konzentrieren, sie sich konkret vorstellen und “zu Ende denken” anstatt in ihren Sorgen zu springen. Auch andere psychotherapeutische Ansätze, wie die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) können hilfreich sein. Es ist - je nach Leidensdruck - individuell unterschiedlich, wie viele psychotherapeutische Sitzungen du benötigst - ob eine Kurzzeittherapie ausreicht, du diese verlängerst oder in eine Langzeittherapie umwandeln möchtest.
Eine generalisierte Angststörung ist mit einer Psychotherapie sehr gut behandelbar und viele Betroffene erfahren eine signifikante Besserung in ihrer Symptomatik. Je früher du mit der Behandlung beginnst, desto besser!
Auch eine medikamentöse Behandlung kann in Erwägung gezogen werden: Dabei kommen bestimmte Antidepressiva oder Angstlöser zum Einsatz. Je nach individuellem Leidensdruck, ist es jedoch ratsam, erstmal zu schauen, wie viel Symptomlinderung durch eine rein psychotherapeutische Behandlung möglich ist: Gibt es nach 1-2 Monaten keine Verbesserung in der Symptomatik, kann die Behandlung um Medikamente erweitert werden. Aber Vorsicht: Einige Medikamente wie Benzodiazepine machen abhängig und sollten nur im Notfall verabreicht werden und so schnell wie möglich wieder abgesetzt werden. Besprich daher deine Medikamente immer mit einer Fachärztin oder einem Facharzt, z.B. mit einem oder einer Psychiaterin:in.
Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, Atemübungen oder Meditation sowie alternative Therapien wie Yoga oder Akupunktur können ebenfalls unterstützend sein.
Zur Bewältigung einer generalisierten Angststörung gibt es zusätzlich zur therapeutischen Behandlung einige Maßnahmen, die man ergreifen kann. Wie oben bereits erwähnt, kannst du üben, dich deinen Sorgen in einer Art „Sorgenkonfrontation“ zu stellen und sie gezielt zu Ende zu denken. Du kannst ebenfalls trainieren, dich nicht lediglich auf die Katastrophenszenarien zu fokussieren, sondern auch nach alternativen Ausgängen für gewisse Situationen zu suchen, um anschließend realistisch einzuschätzen, wie wahrscheinlich jedes einzelne Szenario ist. Vielleicht hilft es dir, wenn du dir dafür ein Tortendiagramm aufmalst, bei welchem jedes Tortenstück mit seiner Größe die Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Situationsausgang repräsentiert.
Selbstfürsorge ist wichtig: Regelmäßige körperliche Aktivität, eine gesunde Ernährung, eine gute Schlafhygiene und effektives Stressmanagement sind ebenfalls wichtige Aspekte, um die Bewältigung jeglicher psychischer Erkrankungen, so auch der generalisierten Angststörung, zu unterstützen.
Die generalisierte Angststörung kann das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen und sie in einem Zustand ständiger Sorge gefangen halten. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass es Hilfe und Unterstützung gibt. Psychotherapie, medikamentöse Behandlung und verschiedene Bewältigungsstrategien können dazu beitragen, die Ängste zu lindern und ein Leben jenseits der ständigen Sorgen zu ermöglichen. So kannst du deine generalisierte Angststörung bewältigen und die Kontrolle über dein eigenes Leben zurückgewinnen.
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