Lesedauer 7 Minuten Woran du eine Angststörung erkennst, welche typischen Symptome es gibt und was du gegen Angststörungen tun kannst, erfährst du hier.
Gabriele Finck liebte eigentlich das Reisen – bis es für sie nur noch mit Angst und Panik verbunden war. Als junge Erwachsene erlebte sie ihre erste Panikattacke. Seitdem begleitete sie ihre Angst auf Schritt und Tritt. Das ging so weit, dass die Angst ihren Radius verkleinerte, bis sie letztendlich nur noch zu Hause bleiben konnte. Heute teilt sie mit uns ihren Weg, wie sie es geschafft hat, nicht trotz, sondern MIT der Angst im Gepäck wieder raus in die Welt zu gehen.
Gabi: Zurzeit spielen die Ängste nicht mehr so eine große Rolle. Aber so vor 15 - 20 Jahren, als ich aus meinem Elternhaus ausgezogen bin, fingen meine Ängste an. Das hat sich so weit gesteigert, dass ich nicht mehr in den Supermarkt oder zur Uni gehen konnte. Meine Freunde konnte ich nicht mehr besuchen und bin im Haus geblieben. Ich hatte das Gefühl, die Welt da draußen ist mir zu unsicher.
Gabi: Ich habe tatsächlich eine größere Akzeptanz für meine Ängste und eine entspanntere Haltung mit der Tatsache, dass es Ängste im Leben gibt. Ich weiß, die Ängste kommen und tauchen immer wieder auf. Aber ich lasse mich von ihnen nicht mehr zu Hause einsperren. Und ich habe Wege gefunden, den Ängsten zu begegnen und ihnen nicht so viel Raum zu geben.
Gabi: Also meine Ängste fingen mit 19 Jahren an und mit 20 hatte ich dann die erste große Panikattacke. Ich bin zum Studieren umgezogen und dort habe ich eine Abwärtsspirale erlebt. Ich hatte immer mehr Ängste und habe mir immer weniger zugetraut. Die Panik hat mich immer wieder erwischt, sodass ich dann nach und nach alles sein gelassen habe, was mir vorher Freude bereitet hat. Und das hat sich über Jahre gezogen. Ich habe psychotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen. Kann ich übrigens jedem empfehlen, der Ängste hat. Und ich bin auch in eine psychotherapeutische Klinik gegangen. Also es war wirklich eine sehr schwierige Zeit. Ich würde sagen, nach fünf bis sechs Jahren habe ich mich so langsam aus diesem Loch befreit.
Gabi: Anfangs habe ich darüber nicht gesprochen. Zusätzlich zu der eigentlichen Angst hatte ich noch die Angst, dass mich dann sowieso keiner versteht. Ich habe mich da eher mit versteckt und allein gefühlt. Als ich ein paar Jahre später, durch meine Klinikerfahrung bestärkt, anfing mich zu öffnen, habe ich oft gespiegelt bekommen, dass man mir das nicht anmerken würde. “Du wirkst doch immer so munter und so mutig”, habe ich gehört. Ich war sehr gut im Überspielen und bin es auch noch heute. Aber ich habe mich heute entschieden, offen über meine Ängste zu sprechen.
Gabi: Das ist wirklich eine spannende und sehr schöne Frage. Es ist mir nicht leicht gefallen, diesen Weg einzuschlagen. Am Anfang will man die Angst einfach loswerden. Angst ist ein absolut unangenehmes Gefühl. Und da gibt es eigentlich nur den Gedanken: Was kann ich tun, damit es mir wieder besser geht, und zwar sofort? Einen Umgang mit der Angst zu finden, ist ein innerer Prozess. Die Angst will gehört werden. Die Angst hat ganz oft eine Ursache, warum sie gerade da ist. Und wenn man einfach die Tür verschließt, dann poltert sie umso lauter und möchte umso mehr gehört werden.
Gabi: Bevor die Ängste in mein Leben getreten sind, war ich durchaus eine kleine Weltenbummlerin. Doch als mich meine Ängste irgendwann eingeholt haben, da habe ich das immer vermisst: diesen Frohsinn, dieses Abenteuer, dieses Entdecken vom Leben. Das war für mich immer sehr symbolisch für das Leben zu genießen, voller Neugier zu sein und einfach nicht zu stagnieren im Alltagstrott. Mit meinen Ängsten war das dann aber alles nur eine romantische Vorstellung. Für mich war Reisen mit so viel Stress verbunden, dass ich es irgendwann ganz bleiben gelassen habe. Dadurch habe ich leider auch sehr viel verpasst, wie den 50. Geburtstag meiner Mutter. Da sind einige Sachen, die ich tatsächlich bereue, nicht gemacht zu haben oder nicht dabei gewesen zu sein.
Gabi Das war ebenfalls ein Prozess. Ich habe oft diese Sehnsucht nach Reisen in mir gespürt. Dann habe ich mir eine Art Masterplan erstellt: Ich übe erstmal in die nächste Stadt zu fahren und dann ein bisschen länger mal bei meinen Eltern zu bleiben und als nächsten Schritt mache ich einen größeren Ausflug mit dem Zug. Oft bin ich dabei gescheitert und wieder nach Hause gegangen. Aber trotzdem haben diese Reisen bewirkt, dass ich, obwohl ich gestresst war und oft Panikattacken in diesen Momenten hatte, im Nachhinein stolz war und diese Angstmomente eher vergessen habe. Mit Stolz auf diese Reisen zu blicken, hat mich immer wieder motiviert und mich wieder aus meinem Loch herausgelockt. Ich habe immer sehr viel Freude daran, mir die Sachen vorher ganz genau anzugucken. Das heißt, ich nutze die Zeit und die Mittel, die auch das Internet bietet, um mich wirklich zu informieren. Ich schaue mir die Gegend, in die ich reise, im Vorhinein bei Google Street View an. Ich belese mich, um zu erfahren, was mich da vielleicht erwartet. Eine gute Vorbereitung ist super wichtig. Außerdem überlege ich mir vorher, was will ich alles mitnehmen und was brauche ich? Man kann sich auch ein kleines Reisetagebuch zulegen, in dem die Liste festgehalten sind, zusammen mit wichtigen Adressen und Telefonnummern. Da muss jeder selbst entscheiden, was ihm oder ihr hilft.
Gabi: Ja, das ist auch eine sehr schöne und gute Frage. Ich habe in meinem Buch alle Methoden und Strategien, die ich mir über die Zeit so angesammelt habe, aufgeschrieben. Es gibt zwei Sachen, die ich immer mache, wenn ich merke, dass Angst und Panik in mir aufsteigen. Zum einen mache ich mir klar, dass meine Angst eine körperliche Reaktion in mir auslöst, die ich gerade spüre. Meiner Angst den Raum zugeben, da sein zu dürfen und sich austoben zu dürfen, ist für mich immer Schritt eins. Das zweite ist, dass ich mir ein Tor schaffe, durch das ich zur Wirklichkeit zurückzukehren kann. Ich konzentriere mich auf meine Sinne: Was höre ich, was rieche ich, was schmecke ich? Das klingt vielleicht komisch, aber mir hilft es, wenn ich mir ganz sanft über die Haut streicheln, sodass man Gänsehaut bekommen kann. Dabei schließe ich meine Augen. Ich tauche da ganz in das Gefühl ein, gestreichelt zu werden.
Gabi: Es ist nur wichtig, dass man es darauf nicht beschränkt. Es geht nicht nur darum, in der Situation einen Weg herauszufinden, denn dann hangeln wir uns von Situation zu Situation. Man muss sich auch die Frage stellen: Warum ist jetzt die Angst da? Und was will sie mir sagen?
Gabi: Ich hatte so eine Sehnsucht nach einem Buch, dass mich verstehen würde und genau auf das eingehen würde, was ich gerade brauche. Ich brauchte ein Buch, dass mich an die Hand nimmt und mir Mut macht. Und da dachte ich, eigentlich müsste ich mir selbst ein Buch schreiben, womit ich mir und auch anderen helfen kann.
Hier findest du alle Infos über das Buch "Mit Mut im Herzen und Angst im Gepäck"
Und Website von Gabi Finck geht es hier entlang: www.mondamo.de
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