Artikel vom 
August 28, 2023

So kommst du möglichst schnell an einen Therapieplatz

Lesedauer 7 Minuten

Dass im Leben mal Krisen, Belastungen oder Probleme auftreten, ist völlig normal und passiert jedem Menschen. Häufig kommen wir mithilfe von Gesprächen mit der Familie oder Freund:innen oder einfach mit der Zeit gut durch schwierige Phasen und können sie selbstständig bewältigen. Manchmal sind Belastungen oder Krisen aber so schwer, dass daraus psychische Probleme entstehen, die so stark sind, dass wir sie nicht mehr allein bewältigen können oder wollen. Dann kann es hilfreich sein, eine Therapie zu machen. Wie der Weg zu einer Therapie aussieht und wie du möglichst schnell und gezielt eine passende Therapie für dich findest, liest du hier.

Lange Wartezeit

Wahrscheinlich hast du schon einmal davon gehört, dass es ein langer und beschwerlicher Weg sein kann, einen Therapieplatz zu finden. Tatsächlich dauert die Wartezeit auf einen Therapieplatz in Deutschland bei vielen Patient:innen häufig mehrere Monate. Im Durchschnitt warten Menschen 5,5 Monate, bis sie nach dem ersten Gespräch eine Psychotherapie beginnen können. 

Eine Wartezeit von mehreren Monaten ist für viele Betroffene deutlich zu lang. Denn psychische Störungen klingen nicht unbedingt von selbst ab, sondern können sich mit der Zeit verfestigen oder verschlimmern. Um die Gefahr der Chronifizierung einer psychischen Erkrankung zu vermeiden, ist es daher hilfreich, dass du dir bei den ersten Anzeichen bereits professionelle Hilfe suchst. 

Ab wann sollte ich eine Therapie machen?

Viele Menschen haben Sorge, dass sie nicht “krank genug” für eine Psychotherapie sind, oder sie sind sich nicht sicher, ob die psychische Belastung für eine Therapie ausreicht. Außerdem haben viele den Eindruck, jemand anderem einen Therapieplatz wegzunehmen, dem es “noch viel schlechter” geht. Aber mach dir da keine Gedanken, sondern sprich lieber früher als später mit jemandem darüber. Häufig unterschätzen oder überspielen Menschen, wenn es ihnen nicht mehr gut geht, oder sie versuchen lange Zeit, weiter zu funktionieren und suchen sich keine Hilfe. Ob und wie eine Therapie dir helfen kann, wird ohnehin in den ersten Gesprächen gemeinsam mit eine:r Therapeut:in abgeklärt und besprochen. Doch wie findest du einen geeigneten Therapieplatz?

So findest du einen Therapieplatz

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, einen Therapieplatz, bzw. eine:n Therapeut:in zu finden. Wie du vorgehst, ist abhängig von deinen eigenen Präferenzen und deiner Situation. 

Empfehlungen von Freunden oder Familienmitgliedern

Häufig sprechen wir bei Belastungen als erstes mit Familienangehörigen oder Freund:innen. Auch sind sie meistens diejenigen, die schnell bemerken, wenn etwas mit uns nicht stimmt, wir uns verändern oder anders verhalten. Es könnte daher hilfreich sein, mit ihnen auch über die Therapieplatzsuche zu sprechen. Vielleicht hat jemand aus dem Bekanntenkreis schon Erfahrungen mit Psychotherapie gemacht und kann dir eine:n Therapeut:in empfehlen. 

Anfrage beim Hausarzt oder Krankenkasse

Eine andere Möglichkeit ist es, zunächst einmal zu deinem oder deiner Hausärzt:in zu gehen. Hier wirst du über weitere Vorgehensmöglichkeiten beraten, möglicherweise werden dir auch Empfehlungen für bestimmte Therapeut:innen in der Nähe gegeben. Wichtig: Du brauchst für einen psychotherapeutischen Termin keine ärztliche Überweisung. Trotzdem kann ein Besuch bei dem oder der Hausärzt:in sinnvoll sein. Wenn du dich beispielsweise so belastet fühlst, dass du nicht mehr arbeiten gehen kannst oder dich aus anderen Gründen krankschreiben lassen musst, ist der Weg immer über Hausärzt:innen. Denn nur sie können dich krankschreiben. 

Auch über deine Krankenkasse kannst du Psychotherapeut:innen in deiner Nähe finden. Die meisten Krankenkassen bieten Onlineservices zur Suche für Psychotherapeut:innen an, du kannst dich dort auch telefonisch melden. 

Direkte Kontaktaufnahme mit Therapeut:innen 

Wenn du nicht schon Psychotherapeut:innen kennst, die du ansprechen kannst, beginnt die Suche nach den Kontaktdaten von Psychotherapeut:innen in deiner Nähe am besten im Internet. Zwar haben nicht alle Psychotherapeut:innen eigene Webseiten, doch die meisten sind online in bestimmten Verzeichnissen gelistet:

Die Psychotherapeut:innensuche der Bundespsychotherapeutenkammer leitet dich weiter an die Landeskammern der jeweiligen Bundesländer. Hier findest du Therapeut:innen in deinem Wohnort und kannst optional weitere Filter für die Therapie einstellen, z.B. welches Therapieverfahren du suchst oder ob die Therapeut:innen eine Kassenzulassung haben (also die Kosten der Therapien von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden). 

Auch die Psychotherapeut:innensuche der deutschen Psychotherapeutenvereinigung hilft dir, Psychotherapeut:innen in deiner Nähe zu finden. Auch hier kannst du bei Bedarf hilfreiche zusätzliche Filter setzen und auch Therapeut:innen für spezifische Störungsbilder suchen. 

Noch mehr Filter gibt es bei der Suche von Therapie.de oder dem Psychotherapie Informationsdienst. Hier kannst du zusätzlich zu den oben genannten Filtern beispielsweise auch einstellen, ob auch Online Termine angeboten werden, es freie Therapieplätze in der Nähe gibt oder wie lange Wartezeiten sein sollen. Das ist sehr hilfreich und erleichtert möglicherweise den weiteren Prozess der Suche. 

Manchmal ist es hilfreich, nicht nur nach einzelnen Psychotherapeut:innen zu suchen (was die meisten der o.g. Suchmaschinen tun). Denn auch in Ambulanzen von Hochschulen, Kliniken oder psychotherapeutischen Instituten kannst du psychotherapeutische Hilfe finden. Das geht sogar oft schneller als gedacht. Informiere dich am Besten (z.B. online), welche Anlaufstellen in deiner Nähe liegen und rufe dort direkt an. 

Wie viel kostet Psychotherapie?

Wahrscheinlich kommen bei dir auch organisatorische Fragen auf, z.B. nach der Finanzierung einer Psychotherapie. Sofern du gesetzlich versichert bist, übernimmt die Krankenkasse die Kosten deiner Therapie, wenn du diese bei einem oder einer Therapeut:in mit Kassenzulassung machst. Dies kannst du bei der Therapieplatzsuche immer direkt nachfragen, oder in den oben aufgeführten Suchmaschinen filtern. 

Auch private Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten von Psychotherapien. Es gibt jedoch Unterschiede, welche Behandlungen in welchem Kostenumfang übernommen werden. Frage also am besten bei deiner Krankenkasse nach, wenn du privat versichert bist.

Vor allem bei kassenzugelassenen Psychotherapien kann es manchmal etwas dauern, eine:n passenden Therapeut:in mit freiem Platz zu finden. Wenn du nicht lange warten möchtest, können Online-Angebote eine gute Alternative sein. Diese kannst du meist sofort beginnen und in deinem eigenen Tempo flexibel von zu Hause absolvieren. Es gibt verschiedene Apps oder auch psychotherapeutische Angebote.

Wir bieten dir Unterstützung

Fühlst du dich momentan belastet und möchtest mit jemandem darüber sprechen? Unsere Patientenbegleitung unterstützt dich dabei, deine Therapie bei Beavivo innerhalb einer Woche zu beginnen.

Welche Alternativen zur klassischen Therapie gibt es?

Wenn du nicht mehrere Monate auf einen Therapieplatz warten kannst oder möchtest, gibt es dank der Digitalisierung einige digitale Therapieangebote. Diese unterstützen dich entweder als Übergang, also während der Wartezeit auf einen Therapieplatz, oder sind tatsächlich eine reine digitale Therapie.

Dadurch, dass diese Angebote einfach zu Hause wahrgenommen werden können und du sofort starten kannst, fällt in den meisten Fällen die lange Suche nach einem freien Therapieplatz weg.

Die Vorteile solcher digitalen Angebote liegen vor allem in der Flexibilität und der einfacheren Zugänglichkeit. Da keine Anfahrtswege nötig sind und keine festen, regelmäßigen Termine in der Woche eingerichtet werden müssen, kannst du dir deine Zeit bei der Arbeit mit der App frei einteilen und sie bestmöglich in deinen Alltag integrieren.

Der Weg zum Start der Therapie - wie gehe ich vor?

Vereinbare ein Erstgespräch: die psychotherapeutische Sprechstunde

Du benötigst keine Überweisung, um ein psychotherapeutisches Erstgespräch zu vereinbaren. Du kannst einfach auf einem der oben genannten Wege eine:n geeigneten Therapeut:in suchen und kontaktieren (über Telefon oder E-Mail) und einen Termin zur sogenannten psychotherapeutischen Sprechstunde vereinbaren. Einen ersten Termin zu bekommen, geht meist relativ schnell. Beachte aber, dass das nicht unbedingt bedeutet, dass auch direkt die Therapie beginnen kann. Möglicherweise kommst du erst auf eine Warteliste, oder musst weitere Therapeut:innen kontaktieren, um einen freien Therapieplatz zu bekommen. 

Du kannst zudem die bundesweite Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung (unter der Telefonnummer 116 117 oder https://eterminservice.de/terminservice ) nutzen, um schnell einen Termin für eine psychotherapeutische Sprechstunde zu bekommen. Sie kann dir innerhalb von vier Wochen einen Termin bei einem oder einer Psychotherapeut:in in deiner Nähe vermitteln. Achtung: Der Vorteil ist, dass es häufig deutlich schneller geht, als wenn du selber herumtelefonieren musst. Allerdings kannst du dir dann nicht vorher aussuchen, bei wem du gern ein Erstgespräch vereinbaren möchtest. Ob du mit dieser Person die Therapie durchführen möchtest, entscheidest du natürlich immer selbst. 

Die psychotherapeutischen Sprechstunden finden vor jeder Psychotherapie statt, insgesamt stehen dir bis zu 6 Termine à 25 Minuten bzw. 3 Termine à 50 Minuten zu. In der psychotherapeutischen Sprechstunde wird gemeinsam mit dem oder der Psychotherapeut:in geklärt, welche psychischen Beschwerden du hast, wie diese einzuschätzen sind und ob bzw. welche Art der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung du benötigst, z.B. ob eine Einzel- oder Gruppentherapie besser geeignet ist, oder welches Therapieverfahren für dich geeignet ist.

Um gezielter auf die Suche nach Therapeut:innen zu gehen, kannst du dich vorher schon damit beschäftigen, welches Therapieverfahren dich am meisten anspricht. In Deutschland sind vier Verfahren zugelassen, sodass die Kosten von den Krankenkassen übernommen werden. Wenn du also auf der Suche nach einer Psychotherapie bist, die deine Krankenkasse bezahlt, wird es immer eines dieser Verfahren sein. Die sogenannten kassenzugelassenen Richtlinienverfahren sind die Psychoanalyse, die tiefen­psychologisch fundierte Psycho­therapie, die (kognitive) Verhaltens­therapie und die Systemische Therapie. 

Informiere dich über verschiedene Therapieansätze

Exkurs Therapieformen:

Die Psychoanalyse geht davon aus, dass psychische Störungen entstehen, weil Gefühle und Konflikte aus der Vergangenheit verdrängt wurden und so eine gesunde Entwicklung blockieren. Das Ziel dieser Therapieart ist es also, diese in der Regel unbewussten vergangenen, inneren Konflikte aufzudecken und zu lösen.

Auch die Tiefenpsychologie sieht die Entstehung von psychischen Beschwerden in unbewussten Konflikten (der Vergangenheit), weshalb es auch hier viel um die Biografie und vergangene Erfahrungen geht. Der Fokus liegt jedoch stärker auf den wichtigsten aktuellen Konflikten und deren Lösung. 

Die kognitiven Verhaltenstherapie geht davon aus, dass psychische Störungen durch erlernte Verhaltens- und Denkmuster entstehen. Ziel der Verhaltenstherapie ist es, diese ungünstigen Denk-, Gefühls- und Verhaltensmuster zu erkennen und zu verändern. Obwohl diese Therapieform eher im Hier und Jetzt arbeitet, wird auch hier über vergangene Erfahrungen gesprochen, die zur Entwicklung der Beschwerden beigetragen haben können. 

Bei der Systemischen Therapie liegt der Schwerpunkt auf dem sozialen Kontext der psychischen Störung. Eine psychische Störung einer Person wird hier als Symptom für eine Störung der Interaktion im System (z.B. der Familie) gesehen. Im Fokus dieser Therapieform steht das gesamte “System”, sodass das soziale Umfeld der Patient:innen, also Bezugspersonen, Familie, und Freunde mit betrachtet und einbezogen wird.

Wenn du dir nicht sicher bist, oder dich vorher nicht damit beschäftigen möchtest, ist das überhaupt kein Problem. Denn in der psychotherapeutischen Sprechstunde wird auch geschaut, welches Verfahren für dich geeignet sein könnte. Tatsächlich ist es ohnehin häufig so, dass der oder die Therapeut:in, wo du dein Erstgespräch bzw. deine Sprechstunde hast, aktuell keinen freien Therapieplatz hat oder auch ein anderes Verfahren anbietet, als du dir wünscht. Wenn das so ist, kannst du dich dort gegebenenfalls auf die Warteliste setzen lassen oder nach weiteren freien Therapieplätzen suchen (manchmal bietet es sich auch an, mehrere Gespräche wahrzunehmen und sich auf verschiedene Wartelisten setzen zu lassen, damit es schneller geht). 

Ist eine Psychotherapie bei dir dringend notwendig, kann dir dies in der psychotherapeutischen Sprechstunde schriftlich bescheinigt werden. Dann bekommst du bei der bundesweiten Terminservicestelle (Tel: 116 117 oder https://eterminservice.de/terminservice) auch Hilfe, um innerhalb von vier Wochen einen Psychotherapieplatz zu finden. 

Therapiestart 

Die Probatorische Sitzungen

Hast du im Erstgespräch eine Empfehlung für eine ambulante Psychotherapie bekommen und einen freien Therapieplatz gefunden, finden mit dem oder der Therapeut:in zunächst bis zu vier sogenannte probatorische Sitzungen statt. Diese “Probestunden” sind dafür da, herauszufinden, warum du da bist, um eine genaue Diagnostik durchzuführen, Ziele für die Therapie zu formulieren, deine Fragen zu klären und herauszufinden, ob die Chemie zwischen Therapeut:in und dir stimmt. Gegenseitiges Vertrauen ist wichtig, um eine gute Basis für die genaue Erfassung der Symptome und Problembereiche zu schaffen. Wenn du kein gutes Gefühl hast und die Beziehung nicht stimmt, kannst du dich natürlich für jemand anderen entscheiden! 

Passt nach diesen Stunden alles und du entscheidest dich für eine Psychotherapie bei dieser Person, wird die Therapie bei der Krankenkasse beantragt. Danach kann die Therapie beginnen. 

Bei psychischer Belastung lohnt es sich, eine Psychotherapie zu machen, denn sie ist in den meisten Fällen erfolgversprechend und erzielt auch langanhaltende Erfolge. Wichtig für eine hilfreiche und effektive Psychotherapie ist die Chemie zwischen dir und deinem oder deiner Psychotherapeut:in. Achte also bei der Suche darauf, dass du dich im Kontakt wohl fühlst und ihr euch gut versteht.

Wir bieten dir Unterstützung

Fühlst du dich momentan belastet und möchtest mit jemandem darüber sprechen? Unsere Patientenbegleitung unterstützt dich dabei, deine Therapie bei Beavivo innerhalb einer Woche zu beginnen.

Friederike Schubbert

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